DAS ZUVERLÄSSIGE SENFKORN

Carlo und ich kennen uns jetzt seit vier Jahren. Und so gern ich ihn habe, oft geht er mir auch ziemlich auf die Nerven. Er liebt es zu provozieren, hat eine Selbsteinschätzung hoch wie der Eiffelturm gepaart mit dem Einfühlungsvermögen eines Baumes und sagt ohne Rücksicht auf Verluste viel zu oft, was er denkt – ungefähr so wie die diversen Macho-Multimillionär-Influencer, die er gern zitiert. Ist das einer der “zuverlässigen Menschen, die dann auch in der Lage sein werden, andere zu unterrichten”, von denen Paulus in 2. Timotheus 2,2 spricht? Denn hier schreibt Paulus folgendes an Timotheus: „Gib die Botschaft, die du von mir gehört hast und deren Wahrheit dir von vielen Zeugen bestätigt wurde, an vertrauenswürdige und zuverlässige Menschen weiter, die ebenfalls fähig sind, andere zu lehren.“ 

Würde ich mich strikt nach den Schaubildern richten, die wir zu diesem Vers in unserem MyFriends-Arbeitsbuch abgedruckt haben, würde es keinen Sinn machen, mich weiter mit Carlo zu treffen. Wir hatten vor einiger Zeit immer mal wieder zusammen in die Bibel geschaut, aber gefruchtet ist das nur mäßig. Und auch wenn ich ihm anbot, für ihn zu beten, lehnte er das – noch nicht mal dankend – ab. Eine ebenbürtige Freundschaft ist das Ganze auch nicht, weil es bei unseren Begegnungen eigentlich ausschließlich um Carlo und sein Leben geht. Warum also Zeit und Energie investieren?

2. Timotheus 2,2 ist in eins der letzten Themen auf dem Abschluss-Seminar unserer MyFriends experience eingebettet: Die Multiplikation von Jesus-Nachfolgern. Den sehr strategischen Ansatz, den Paulus Timotheus empfiehlt, stellen wir hier bewusst in den Zusammenhang mit Matthäus 13,31+32, wo Jesus davon spricht, wie sich Gottes Königsherrschaft organisch aus einem Mini-Senfkorn hin zu einem großen Baum entwickelt. Denn was für Gottes Pläne mit dieser Welt stimmt, lässt sich genauso auf die Entfaltung seiner Königsherrschaft im Leben einzelner Menschen übertragen: Sie braucht Zeit. Und manchmal muss sich das Wurzelwerk erst seinen Weg durch einen Boden bahnen, der voll ist mit Verletzungen aus der Vergangenheit, angeeigneten Schutzmechanismen oder verdrehten Kindheitsprägungen. 

Kürzlich saßen Carlo und ich bei einem Feierabend-Bier zusammen. Nachdem wir über den richtigen Umgang mit Frauen bei einem Date gesprochen hatten, vollzog er auf einmal einen Themenwechsel und meinte, dass er Gott besser kennenlernen wolle. Auf meine Frage, was seine Strategie dabei wäre und was er dafür brauche, sagte er: “Ich will mehr beten. Und ich brauche Leute, mit denen ich das gemeinsam machen kann. Können wir uns regelmäßig zum Beten verabreden?” Gefühlt fiel mir alles aus dem Gesicht und die Bierflasche aus der Hand. Aber irgendwie blieb ich cool genug, um einen konkreten Umsetzungsvorschlag zu machen.  Seitdem telefonieren Carlo und ich einmal in der Woche, um gemeinsam das vor Gott zu bringen, was uns dankbar macht und wo wir sein Eingreifen brauchen.

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