Meine 95-jährige Nachbarin kann die Wohnung kaum verlassen. Sie ist körperlich eingeschränkt, aber voll fit im Kopf. Es ist für sie wahrscheinlich nicht mehr möglich, einen Gottesdienst zu besuchen. Selbst wenn sie könnte, bin ich mir nicht sicher, ob sie es wollen würde. Wenn sie nicht mehr in die Kirche kommen kann, dann kommt die Kirche zu ihr – und nicht in der Form von einem Gebäude oder Gottesdienst, sondern in der Form einer Person – mir, ihrer Nachbarin!
Seit einigen Monaten treffen wir uns regelmäßig zum Kaffee trinken. Ich backe den Kuchen. Sie kocht den Kaffee, lädt noch eine Freundin zu sich ein und, ganz wichtig: sie schlägt die Sahne. Worüber wir reden ist immer unterschiedlich. Oft erzählt sie Geschichten aus der Kriegszeit oder von ihrem Mann, der schon vor Jahrzehnten gestorben ist. Manchmal genießen wir einfach die Stille (und den Kuchen) oder die beiden Damen fragen mich nach meiner Woche. Ich komme mit keinem Plan, keiner Agenda – außer, dass ich ihnen Gottes Liebe reflektieren möchte. Dies geschieht durch Wertschätzung, Zuhören, Dienen, Fragen stellen, praktische Hilfe anbieten und manchmal sogar mit Worten. Ich bin immer wieder überrascht worden, dass Themen wie Martin Luther, Maria Magdalena und die Passionsgeschichte einfach auftauchen, ohne dass ich es geplant oder versucht habe. Meine Nachbarin ist dann offen über solche Themen zu reden bzw. sie fängt sogar selbst damit an. Bisher hat sie nicht angedeutet, dass sie an Jesus glaubt, aber ich glaube, dass es nur eine Frage der Zeit ist.
Einige Monate und gaaanz viel Kuchen später, bin ich nun tatsächlich näher an meiner Nachbarin dran. Nach fast 14 Jahren hat sie mir das DU angeboten und ich durfte mittlerweile schon mehrmals mit ihr beten. Neulich ist ein anderer Nachbar aus unserem Haus plötzlich und unerwartet gestorben, was uns alle sehr schockiert hat. Am Tag, an dem wir davon erfuhren, hat es nachmittags bei mir geklingelt. Dieses Mal kam meine Nachbarin zu mir. Mit leiser Stimme fragte sie mich, ob sie ihren Tee bei mir trinken dürfte. Sie wollte nicht alleine sein.
Heutzutage gibt es viele Menschen, die nicht mehr die Türschwelle einer Kirche überschreiten und die wenigsten davon aufgrund von Mobilitätseinschränkungen.
Die neueste Sinus-Milieu-Studie (2021) berichtet zum Thema ‚religiöse Kommunikation‘ folgendes: „Die Kirche muss sich endgültig von der Vorstellung und Erwartung verabschieden, dass die Menschen ‚automatisch‘ zu ihr kommen und bleiben (199).“ Noch dazu erklärt sie: „Nur wo Menschen in ihrem Alltag Christen und Kirchen erleben, können sie erfahren, was Kirche, Glaube, Evangelium bedeuten.“
Wir leben in einer Zeit und einer Welt, die dringend Hoffnung und die erlebte Liebe
Gottes braucht. Menschen haben nicht unbedingt Kontakt zu einer Kirche, aber sie sind teils durch das ganz normale Leben nah mit Christen verbunden – sie sind ihre Nachbarn, Kollegen, Freunde, Vereinskameraden …
Durch den Heiligen Geist, der in uns lebt, haben wir als Kinder Gottes alles, was wir brauchen, um von Jesus erzählen und Gottes Liebe reflektieren zu können. Das klingt ganz einfach, oder? Doch warum zögern wir? Warum überlege ich
mir dreimal, ob ich meiner buddhistischen Nachbarin Gebet anbiete oder ihr davon erzähle, was ich mit Gott erlebt habe? Warum sind wir oft so nervös, aufgeregt und vorsichtig? Jede Person hat vermutlich ihre eigenen Gründe, weshalb es ihr so geht. Vielleicht wissen wir nicht, was wir sagen sollen, wir wollen uns nicht aufdrängen, wir erleben Gottes Liebe selbst so wenig oder fühlen uns minderwertig … Wie ist es bei dir?
Tatsächlich ist es gar nicht schwer. Gott kann sich auch ganz ohne uns offenbaren und Menschen seine Liebe zeigen. Aber weil er uns so liebt und in einer Beziehung mit uns leben möchte, lädt er uns ein, Botschafter und Botschafterinnen Christi zu sein (2. Korinther 5,20) – solche, die in seiner Autorität handeln dürfen.
Bei MyFriends sehnen wir uns danach, genau in dieser Identität zu wachsen und aus
ihr heraus zu leben. Unsere Vision ist: „Wir wollen eine Bewegung von geisterfüllten Jesusnachfolgern und -nachfolgerinnen sein, die in seiner Liebe verwurzelt und sich ihrer Identität bewusst sind. In diesem tiefen Wissen gegründet investieren wir uns in unsere Mitmenschen und wollen mit ihnen Seite an Seite Gott entdecken und erleben.“ Durch LOVE. PRAY. CARE. (lieben – beten – kümmern) wollen wir einen Lebensstil praktizieren, der Jesus in Wort und Tat weitergibt – wir wollen unsere Freunde lieben, für sie beten und uns um sie kümmern und dadurch Gottes Liebe für sie erfahrbar machen.
Spricht dich unsere Vision an? Sehnst du dich auch nach einem solchen Lebensstil? Dann werde Teil unserer MyFriends experience, die schon bald wieder startet …